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Ein starkes Netzwerk für Menschen am Lebensende: RHP, Regionales Hospiz- und Palliativnetzwerk Landkreis Helmstedt

Seit nunmehr fast 20 Jahren ist es der Hospizarbeit Helmstedt e. V. eine Herzensangelegenheit, Schwerstkranke, Sterbende und ihre Zugehörigen zu begleiten. Über die Jahre sind zahlreiche weitere Angebote zur besseren, umfänglicheren Begleitung hinzugekommen, insbesondere im Bereich der Trauerarbeit. Ende 2023 hat die Hospizarbeit die Gründung eines Regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerkes Landkreis Helmstedt initiiert und alle Agierenden zu einem gemeinsamen Zusammenwirken eingeladen, um alle körperlichen, sozialen, psychischen und spirituellen Bedürfnisse der zu Begleitenden besser erfüllen zu können. Unterstützt wird dieses durch eine Förderung des Landkreises und der GKV.

Im folgenden Interview spricht der Vorsitzende der Hospizarbeit Helmstedt e. V. Dr. Joachim Scherrieble mit Sarah-Katharina Siebenborn, approbierte Apothekerin und seit Dezember 2024 Netzwerkkoordinatorin, über das Regionale Hospiz- und Palliativnetzwerk.
 

Dr. Joachim Scherrieble: Kannst Du aus Deiner Sicht als Netzwerkkoordinatorin den Lesenden bitte kurz den Hintergrund des Regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerks erklären?

Sarah-Katharina Siebenborn: Wie der Hospizarbeit liegt es auch mir als Koordinatorin des Netzwerks am Herzen, Menschen in ihrer letzten Lebensphase die bestmögliche ganzheitliche Versorgung zukommen zu lassen. Nur durch die Zusammenarbeit vieler verschiedener Berufsgruppen - darunter Ärztinnen und Ärzte, Pflegende, Seelsorgende, Beratende, Apothekerinnen und Apotheker, Therapeutinnen und Therapeuten und viele weitere - können die vielfältigen Bedürfnisse Schwerstkranker und ihrer Zugehörigen erfüllt werden. Im Landkreis gibt es viele wunderbare Angebote für Betroffene und wir sind nun mit unserem Netzwerk dabei, all diese Angebote durch den Aufbau eines landkreisweiten Hilfesystems – ein sogenanntes „Care Management System“ - zu koordinieren. So soll für Betroffene ein möglichst einfacher Zugang zu den vielfältigen Hilfen geschaffen werden.

Dr. Joachim Scherrieble: Welche Angebote für Schwerstkranke, Sterbende und Zugehörige gibt es im Netzwerk?

Sarah-Katharina Siebenborn: Das Spektrum ist riesig - es reicht von der medizinischen und pflegerischen Versorgung einschließlich der Bereitstellung der hierfür benötigten Arznei- und Hilfsmittel über die ergo-, physiotherapeutische und logopädische Unterstützung bis hin zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten sowie seelsorgerischen Gesprächsangeboten für Betroffene und für Familienmitglieder. Es ist uns sehr wichtig, neben den Bedürfnissen der Schwerstkranken auch die der Zugehörigen im Blick zu haben. So haben wir zum Beispiel auch Betreuungsdienste im Netzwerk, die pflegende Angehörige stundenweise entlasten, und Unterstützungsangebote für betroffene Familien mit Kindern.

Dr. Joachim Scherrieble: Wie können Betroffene über das Netzwerk einen einfachen Zugang zu diesen Angeboten finden?

Sarah-Katharina Siebenborn: Alle Kooperationspartner des Netzwerks kennen sich durch regelmäßige Netzwerktreffen persönlich. Gerade Ärzte und Pflegende sind in der Regel sehr dicht an den Betroffenen dran – wie auch die ambulante Hospizarbeit oder dem Betroffenen langjährig bekanntes Apothekenpersonal. Wenn diese dann bei den Betroffenen oder ihren Zugehörigen Bedürfnisse erfahren oder feststellen, können sie diese leicht zu den entsprechenden Angeboten anderer Partner weiterleiten. Die Beteiligten können sich zudem auf kurzem Wege bei der Versorgung absprechen, z. B. Ärztinnen und Ärzte mit dem Pflegepersonal oder den Therapeuten aus den Bereichen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie oder ganz allgemein Agierende aus dem stationären und dem ambulanten Bereich bei Überleitungen von Betroffenen.

Dr. Joachim Scherrieble: Und wenn ein Betroffener oder Angehöriger sich gerne direkt über die Angebote informieren möchte?

Sarah-Katharina Siebenborn: Da stehen unser Flyer, die Webseite des Netzwerks (www.rhp-helmstedt.de) und gerne auch ich persönlich als Ansprechpartnerin zur Verfügung. Wenn ein Familienmitglied von einer schweren, fortschreitenden, lebensbegrenzenden Erkrankung betroffen ist, befindet sich die gesamte Familie in einer herausfordernden Situation. Unserem Netzwerk ist es sehr wichtig, zu vermitteln und die Betroffenen erfahren zu lassen, dass sie in dieser Situation nicht allein sind. Es gibt so viele wertvolle Angebote und es liegt uns am Herzen, dass diese bei den Betroffenen ankommen.

Dr. Joachim Scherrieble: Sind die Angebote des Netzwerks ausschließlich für Palliativpatienten gedacht oder auch für andere?

Sarah-Katharina Siebenborn: Wir möchten mit unseren Hilfen und Unterstützungsangeboten alle Menschen erreichen, die sich am Lebensende befinden – etwa auch Hochaltrige in ihrer letzten Lebensphase und deren Zugehörige. Es ist unser Wunsch, dass auch sie von unserem Netzwerk profitieren. Die individuellen Bedürfnisse aller Sterbenden, der Erhalt ihrer Lebensqualität und Würde bis zuletzt sind uns im Netzwerk ein persönliches Anliegen.

Dr. Joachim Scherrieble: Das ist in der Tat ein starkes Netzwerk für Menschen am Lebensende. Kannst Du unseren Lesenden ein Beispiel nennen, wo die Angebote des Netzwerks bereits positive Früchte getragen haben?

Sarah-Katharina Siebenborn: Ja gerne, derer gibt es schon einige - sehr gefreut hat mich, wie kürzlich eine Therapeutin aus dem Netzwerk berichtete, wie einer schwerstkranken Frau durch die Kooperation eine unterstützende Therapie ermöglicht werden konnte. Das Beispiel zeigt, wie wirkungsvoll es ist, wenn verschiedene Beteiligte sich gemeinsam für den betroffenen Menschen einsetzen. Jeder Beteiligte bringt dabei seine ganz persönliche Expertise ein, die Vermittlung untereinander übernehmen die Netzwerkpartner eigenständig. So bilden sie gemeinsam ein schützendes Netz für den Betroffenen, das ihn und seine Zugehörigen in ihrer herausfordernden Situation auffängt.

Dr. Joachim Scherrieble: Das hört sich ganz wunderbar an – vielen Dank für Dein Engagement und weiterhin viel Freude und viel Erfolg beim Ausbau dieses beeindruckenden starken Netzwerks für Menschen am Lebensende.